Farbenfehlsichtigkeit und Anomalquotient

Auch wenn Sie es schockieren mag: Nur eine Minderheit Ihrer Mitmenschen sieht Farben so wie Sie. Seien Sie vorsichtig, wenn Sie mit jemand über Nuancen streiten oder darüber, ob zwei Farben übereinstimmen oder nicht übereinstimmen. Jeder hat Recht – auf seine Weise! Bekanntlich sind 8% der Männer, aber nur 0,4% der Frauen farbenfehlsichtig. Aber was bedeutet das und wie kommt man gerade auf 8%? Das ist einmal mehr eine rein statistische Größe, etwa so, wie man sagt 10% sind Trinker. Der Übergang vom Genießer zum Säufer ist ja auch fließend.

Ishihara-Tafeln zur Erkennung


von Wahrnehmungsdefiziten. Erkennen Sie die Zahlen 47 und 29?

Erkennen der Farbenfehlsichtigkeit

Wer zählt zu den Farbenfehlsichtigen und wie kann man das messen?
Ein einfacher, nicht quantitativer Test auf Farbenfehlsichtigkeit geschieht mit den so genannten Ishihara-Tafeln. Sie zeigen verschiedene Ziffern, die aus unterschiedlich farbigen Farbtupfen zusammengesetzt werden. Die Farbanordnung ist so gewählt, dass der Farbtüchtige die richtige Zahl, jemand mit einer bestimmten Farbenblindheit aber nur eine oder eine falsche Zahl erkennt. Sättigung und Helligkeit der Farbpunkte sind gleich, verschieden nur der Buntton der Punkte.

Quantitative Bewertung der Farbenfehlsichtigkeit

Quantitativ kann die Farbtüchtigkeit mit einem Farbmischapparat, etwa mit dem Anomaloskop nach Nagel getestet werden. Dem Probanden werden hier zwei gelbe Halbfelder dargeboten. Ein Halbfeld besteht aus monochromatischem Gelb (589 nm) und kann in seiner Helligkeit mit "Gelb +" oder "Gelb -" verändert werden. Das andere Halbfeld besteht aus einer Mischung aus spektralem Rot (671 nm) und spektralem Grün (546 nm) wobei das Mischungsvehältnis mit den Reglern "Rot +" bzw. "Grün +"geändert werden kann. Ein Farb-Normalsichtiger wird die beiden Halbfelder als gleich hell und gleich farbig empfinden, wenn die sog. Mittelnormgleichung 40/15 (d.h. Mischungsverhältnis = 40 und Helligkeit = 15) eingestellt wird. Aus den Einstellungen der Hellschraube und der Mischschraube (M) wird der Anomalquotient AQ errechnet. Er ist im Mittel = 1 und schwankt zwischen 0 und 20!
Als „normal“ Farbentüchtige gelten alle im breiten Gebiet zwischen einem Anomalquotient von 0,74 und 1,33.
Zwischen 0,6 und 1,4 erhält man sogar die Bescheinigung „ohne Einschränkungen tauglich“ für den Polizeidienst, Lokführer oder Pilot. Das bedeutet jedoch nur, dass die Herrschaften ein grünes von einem roten Verkehrslicht unterscheiden können
müssen und besagt gar nichts über ihre sonstige Farb-„Tüchtigkeit“ und Wahrnehmung, die gewaltig verschieden ist zwischen einem „Normalen“ in der Nähe von 0,7 und einem „Normalen“ bei 1,4!

Statistische Verteilung der Normalsichtigen, der Protanomalie und der Deuteranomalie.

Statistische Verteilung der Normalsichtigen, der Protanomalie und der Deuteranomalie. Am Anomaloskop stellen die Probanden unterschiedliche Mischungsverhältnisse ein, wenn Rot und Grün gemischt werden sollen.